1990–1999

Im Rahmen der 700 Jahr-Feier der Eidgenossenschaft beschliesst das Parlament 1991 einen Sonderkredit für Entschuldungsmassnahmen zugunsten armer, hoch verschuldeter Entwicklungsländer. Diesem Beschluss geht eine Petition der Hilfswerke mit dem Slogan «Entwicklung braucht Entschuldung» voraus, die von 250‘000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet wird.

Im selben Jahr verabschieden die OECD-Länder neue Richtlinien (Helsinki-Paket), um die durch Exportkredite entstandenen Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel einzuschränken. In Rio findet 1992 die erste UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung mit rund 10‘000 Delegierten aus 178 Staaten statt. Im gleichen Jahr tritt die Schweiz nach einer Volksabstimmung der Weltbankgruppe bei.

1994 verabschiedet der Bundesrat das Leitbild Nord-Süd: in Zukunft soll sich die Entwicklungszusammenarbeit an den fünf Zielen der Aussenpolitik orientieren. Entwicklungsbezogene Kohärenz und gute Regierungsführung («good governance») erhalten vermehrt Beachtung. Die Schweiz (BAWI, heute SECO) und Schweden organisieren eine internationale Schuldenkonferenz, die als Meilenstein für die Entschuldungsdebatte angesehen wird. Im gleichen Jahr wird auch die gesetzliche Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas geschaffen.

Mitte der 90er Jahre lanciert das BAWI (heute SECO) erste Pilotprojekte zur Unterstützung des Privatsektors und experimentiert mit Garantieinstrumenten sowie neuen Modalitäten beim Bau und Betrieb von Infrastrukturprojekten. 1996 wird im Rahmen des fünften Rahmenkredites eine umfassende Neuausrichtung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen eingeleitet.

Zahlungsbilanzhilfen werden vermehrt durch Budgethilfeprogramme abgelöst, welche auf die Armutsbekämpfung ausgerichtet sind. Die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Transitionsländern wird reorganisiert (Zusammenlegung der Süd- und Ostdienste) und ein gemäss der ISO-Norm 9001 zertifiziertes Qualitätsmanagement-System eingeführt. 1999 fusionieren das Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI) und das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (BWA) zum heutigen Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).


Das ausdrückliche und facentenreiche Bekenntnis zur Kohärenz im Nord-Süd-Leitbild ist neu und stellt einen Markstein im politischen Kampf um Kohärenz dar. Doch ist dem Bericht nicht zu entnehmen, wie konkret das Mehr an Kohärenz im politischen Alltag bewerkstelligt werden soll.

Richard Gerster, Ökonom, in Nord-Süd-Politik: abschreiben oder investieren?, 1995.


Letzte Änderung 30.10.2020

Zum Seitenanfang

https://www.seco-cooperation.admin.ch/content/secocoop/de/home/ueberuns/organisation/geschichte/1990_1999.html